Neubau Grundschule Neuburg am Inn
Nichtoffener Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren
Nutzung: Grundschule
Ort: Neukirchen am Inn
Jahr: 2024
Status: Wettbewerbsbeitrag
Auftraggeber: Gemeinde Neuburg am Inn
in Zusammenarbeit mit atelier dede (Landschaftsarchitektur & SoerenHoeller Architektur
Leitidee
Die Leitidee des Entwurfs basiert auf dem Leitbild der Grundschule am Inn: „In eine Richtung – an einem Strang – wir sind eine Gemeinschaft“.
Der Neubau der Grundschule Neukirchen am Inn ist inspiriert von den ländlichen Drei- und Vierseitenhöfen der Gemeinde und transformiert diese in drei harmonisch miteinander verbundene Baukörper mit einer gemeinsamen Mitte.
Städtebauliche Setzung
Die Setzung der Grundschule findet im rückwärtigen Bereich des Baufeldes als zwei- und eingeschossiger Neubau statt.
Die Cluster des Raumprogramms werden in drei Baukörper, zwei eingeschossige und einen zweigeschossigen, mit ortstypischen Satteldächern aufgeteilt und auf den Hang „gelegt“ und an der nachbarschaftlichen Bebauung ausgerichtet. Die Arrondierung wird durch eine zweigeschossige Halle mit Glasfassaden verbunden.
Durch die Setzung entstehen Gebäudefugen, welche die Eingänge in Richtung Bahnhofstraße und Schulstraße architektonisch akzentuieren. Die zentrale Halle dient dabei als Foyer und Pausenhalle. Sie bildet das Herz der gemeinsamen Mitte, verteilt die Schüler in die Cluster und dient als sozialer Treffpunkt und Begegnungsort, der die Gemeinschaft der Schulgemeinschaft stärkt und Begegnungen über die Lerncluster hinaus fördert. Auf diese Weise werden Räume geschaffen, die moderne pädagogische Anforderungen mit einem innovativen Raumkonzept vereinen und ein lebendiges und gemeinschaftliches Lernumfeld formen. Die Werte der Schulgemeinschaft werden so architektonisch widergespiegelt.
Der Außenraum wird durch die Setzung der Baukörper gegliedert. Die Bushaltestelle und die PKW- und Fahrradstellplätze sind zur Bahnhofsstraße orientiert. Hier ist ausreichend Raum, um den Anforderungen der Busstellplätze gerecht zu werden. Im westlichen Bereich sind Ruhezonen und im nördlichen Bereich in Richtung der Sportanlagen Bewegungs- und Spielflächen angeordnet.
Mit unserem Entwurf verfolgen wir folgende städtebauliche Kernpunkte:
- Einfügung in die städtebauliche Körnung durch Errichtung eines Dreiseitenhofs
- Schaffen einer gemeinsamen Mitte in der Pausenhalle als sozialer Begegnungsraum
- Umsetzung des pädagogischen Konzepts in großzügigen und lichtdurchfluteten Lernwohnungen und Gemeinschaftsbereichen
- eine neue Adresse an der Bahnhofsstraße mit eindeutiger Wegeführung
- Anbindung an den Ort durch einen zweiten Eingang in Richtung Kirche mit Anbindung an die „alte“ Schule und den Pellhof
- möglichst großer Erhalt der gegebenen landschaftlichen Situation
- funktionelle Gliederung der Außenräume
Architektur
Das Gebäude wird über 2 Eingänge erschlossen im Erdgeschoss auf der Geländehöhe +406m über die Eingangshalle, welche den Pausenraum und das Foyer beherbergt, erschlossen. Im Erdgeschoss sind die großzügig verglasten Gemeinschaftsbereiche, der Garderobe, des Speisesaals, der Bibliothek und des Bewegungsraums direkt an die Halle angebunden und können nach Nutzerwunsch mit dieser kombiniert werden. Ferner befindet sich die Verwaltung mit guter Übersicht des Eingangsbereiches im Erdgeschoss.
Speisesaal und Bewegungsraum sind nach Norden in Richtung der Kirche ausgerichtet. Der Bewegungsraum bietet dabei einen schnellen Übergang zu den Außen- und Sportflächen. Der Speisesaal mit Blick auf die Kirche kann im Sommer im Bedarfsfall auch einen Außensitzbereich anbieten. Des Weiteren sind Synergieeffekte in Bezug auf die Umnutzungen der „alten“ Schule und des Pellhofes möglich. Die Räumlichkeiten der Pausenhalle und des Speisesaals können bei Bedarf auch für außerschulische Veranstaltungen genutzt werden.
Die Bibliothek und die Verwaltung sind in Richtung Bushaltestelle am Eingang orientiert. Die Glasfassade der Bibliothek unterstützt dabei die Adressbildung. Die Verwaltung liegt mit guter Übersicht zu ankommenden Schülerinnen und Schüler. Der Notausgang am Treppenhaus ist als Lehrendeneingang praktisch an den Stellplätzen gelegen und ermöglicht auch den anderweitig Beschäftigten der Schule einen separaten Eingang und kann zur Anlieferung der Küche genutzt werden.
Über eine große Treppe mit Sitzstufen wird das erste OG erreicht. Die Lernwohnungen gruppieren sich dabei um die zentrale Halle und sind so angelegt, dass sie den pädagogischen Anforderungen an Flexibilität und modernes Lernen gerecht werden.
Jede Lernwohnung besteht dabei aus 4 Klassenräumen, 1 Differenzierungsraum, welcher im Bedarfsfall zu einem Klassenraum umgenutzt werden kann, 1 kleinen Differenzierungsraum, 1 Teamraum, WCs, 1 Putzmittelraum und dem zentralen Marktplatz, welcher sinnbildend zur Eingangshalle die gemeinsame Mitte des Clusters schafft.
Über den Marktmitten befinden sich markante Gauben in den Satteldächern mit Oberlichtern, die die Räume mit natürlichem Licht versorgen und eine freundliche, offene Lernatmosphäre schaffen. Diese lichtdurchfluteten Marktmitten fördern eine flexible Raumnutzung und bilden zentrale Kommunikations- und Differenzierungsbereiche innerhalb der Cluster, in denen individuelles Lernen ebenso wie gemeinschaftliches Arbeiten stattfinden kann. Bei Bedarf kann der Marktplatz mit dem großen Differenzierungsraum zusammengeschaltet werden. Um den individuellen Lernbedürfnissen gerecht zu werden, werden die die flexiblen Differenzierungsräume in die Lernwohnungen integriert. Dies ermöglicht eine individuelle Förderung und therapeutische Maßnahmen und unterstützt eine inklusive Lernkultur bei einer Vielzahl an Nutzungsmöglichkeiten.
Die Lernwohnungen liegen im südlichen Bereich als eingeschossige Gebäudeteile direkt am Außenniveau +409,5m. Bei Bedarf kann aus den Differenzierungsräumen ein Ausgang ins Freie angeboten werden. Diese Anbindung an den Außenbereich fördert Bewegung und Naturerfahrung, was den Alltag in der Ganztagsschule bereichert, und eine hohe Aufenthaltsqualität sicherstellt.
Im 2-geschossigen Gebäudeteil befindet sich die Kreativ- und Pausenwohnung im oberen Geschoss. Die KPW ist eine Kombination der Fachräume Kunst und Werken, des Musikraums und der Tage für die Ganztagesbetreuung. Die Zusammenlegung der Marktplätze der beiden Bereiche ermöglicht einen großen Synergieeffekt der beiden Bereiche aufgrund der unterschiedlichen Nutzungszeitpunkte. Darüber hinaus kann der Musikraum bei Bedarf an eine ausreichend große Fläche für Konzerte angeschlossen werden. Auch dieser innenliegende Marktplatz wird über eine Gaube im Dach natürlich belichtet. Ferner befindet sich der dritte große Differenzierungsraum für Deutsch als Zweitsprache in dem Cluster und kann so multifunktional von den Fachräumen und der Ganztagsbetreuung mitgenutzt werden.
Landschaftsarchitektur - Pausen- und Spielflächen
Die Bestandssportflächen werden erhalten und aufgewertet. Im Zuge der Neuplanung sollen die aktiven Außenspielbereiche für die Schule im nördlichen Bereich stattfinden. Eine Boulderwand, eine Rutsche, eine Hochschaukel und diverse Hangbalancierelemente und Kletterelemente passen sich dem Gelände an und sollen Kindern Platz für Bewegung bieten. Ein grünes Klassenzimmer komplettiert diesen Bereich. Hierfür werden Sitzbänke aus Naturstein in den Hang gesetzt und mit Holzauflagen vervollständigt. Die Versammlungsbereiche und Wege werden mit ungebundenem Natursteinpflaster errichtet.
Der überdachte Schul- und Pausenhof ist konzipiert für Schlechtwettertage und soll Kindern Freiraum ermöglichen. Im Ruhepausenbereich sollen sich Kinder erholen können. Schattige, natürliche Bereiche, Esstische, Bänke und Hängematten erlauben es Kindern, sich zu treffen und auszutauschen. Im Schulgarten finden sich Hochbeete wieder, die mit Gemüse und Obst bepflanzt und von den Kindern gepflegt werden soll. Diverse Totholzhecken, Benjeshecken, Retentionsbecken etc. soll Kindern Biodiversität näherbringen.
Konstruktion und Fassade
Das Gebäude wird mit Brettschichtholzwandelementen auf einer Betonsohle errichtet. Die Satteldächer werden einheitlich zur Wandkonstruktion ebenfalls aus Brettschichtholzelementen errichtet.
Diese innovative Bauweise bietet eine Vielzahl von Vorteilen, die sich nicht nur positiv auf die Baukosten und -zeit, sondern auch auf die langfristige Nutzung und Umweltfreundlichkeit der Schule auswirken.
Brettschichtholz, zeichnet sich durch seine außergewöhnliche Stabilität und Tragfähigkeit aus. Es ist in der Lage, große Lasten zu tragen und widersteht Verformungen und eignet sich somit ideal für die Anforderungen der flexiblen Raumcluster mit den Marktplätzen. Zudem handelt es sich um ein nachwachsendes Material, das aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt. Die Produktion verursacht im Vergleich zu herkömmlichen Baumaterialien weniger CO₂-Emissionen, und das Holz speichert Kohlenstoff, was zu einer Reduktion des ökologischen Fußabdrucks beiträgt.
Holz ist ein hervorragender Isolator. In Kombination mit der Holzfaserdämmung entstehen exzellente Wärmedämmeigenschaften, welche zu geringeren Heizkosten und einem angenehmen Innenraumklima führen. Dies schafft ein behagliches Lernumfeld für Schüler und Lehrer gleichermaßen.
Die Fassade wird vor Ort als senkrechte Lärchenholzlattung aufgebracht und besteht aus regionalem Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, das sowohl ökologische als auch ästhetische Werte unterstreicht. Die natürlichen Holzmaserungen verleihen dem Schulgebäude eine warme und einladende Atmosphäre.
Die Fensterelemente können bei Bedarf vor Ort eingebaut werden oder in den Brettschichtholzelementen werkseits eingebracht werden. Die Verschattung wird über außenliegende textile Ausstellmarkisen ermöglicht.
Das Dach wird mit ortstypischen Biberschwanztonziegeln gedeckt. Die nach Süden und Westen ausgerichteten Dachflächen können bei Bedarf für eine PV-Anlage genutzt werden.
Die Höhenstaffelung des Gebäudes folgt dem natürlichen Geländeverlauf, was eine harmonische Integration in die Umgebung gewährleistet und den Eingriff in die Landschaft minimiert.
Der kompakte Baukörper ist so konzipiert, dass Verkehrsflächen minimiert sind, wodurch eine effiziente Raumnutzung ermöglicht wird und mehr Fläche für Lern- und Aufenthaltsräume zur Verfügung steht. Diese nachhaltige und funktionale Bauweise schafft eine zukunftsfähige, wirtschaftliche Architektur, die den Anforderungen an eine moderne und langlebige Schulstruktur vollumfänglich gerecht wird.
Energiekonzept
Heizungstechnik
Wir sehen eine Gas-Brennwerttherme mit thermischer Sole-Wärmepumpe für den Neubau vor. Die Heizflächen können durchaus in der Fläche als Fussboden- und/oder Flächenheizung konzipiert werden, so dass ganz niedrige Systemtemperaturen zum Einsatz kommen. Dadurch übernimmt die Sole-Wärmepumpe auch partiell die Beheizung.
Lüftungstechnik
Es werden lediglich innenliegende Raumnutzungen mit jeweils einer Abluft beaufschlagt. Die Nachströmung erfolgt mittels freier Nachströmung. Die Ausgabeküche erhält eine Lüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung, um die hygienischen Anforderungen einzuhalten. Die Klassenräume erhalten keine kontrollierte Be- und Entlüftung. Wir sehen hier eine Luftqualitätsampel vor, so dass bei verminderter Raumluftqualität die Schüler „volkswirtschaftlich“ ins Benehmen gesetzt werden und somit der erforderliche Luftaustausch manuell über Stoßlüftung bzw. Fensteröffnung erfolgt.
Elektro- und Fernmeldetechnik
Unter idealer Ausrichtung des Gebäudes und Nutzung des Tageslichtes wird eine praxisnahe Beleuchtungssteuerung mit LED-Beleuchtungen vorgesehen. Die Schaltungen werden raumnutzungsabhängig angesteuert. Nebenbereiche erhalten jeweils Präsenzmelder, die einen wirtschaftliche Betrieb erlauben.